Sonntag, 30. Dezember 2007

Schneeflocken

Keine sieht aus wie eine Andere. Es sind alles Unikate. Jede Schneeflocke ist einzigartig und wunderschön.

Es gibt Billionen und Aberbillionen davon. Jedes Jahr. Weltweit. Immer wieder neu erschaffen!

Welch eine wunderbare Kreativität steckt wohl dahinter?

Als Kind war ich ein "Kreativer". Ich hielt mich für ein verkapptes Genie, daß nur noch nicht entdeckt worden war.
Ich hielt mich für einen Erfinder. Manchmal vermischte ich verschiedene Substanzen zusammen wie: Rasierwasser, homöopathische Medikamente, Zucker, Salz und Essig etc. und dachte ich würde vielleicht einen neuartigen Sprengstoff "erfinden".
Ich versuchte das Gemisch mit einem Streichholz anzuzünden, aber nichts passierte. Es gab nie irgendeine Reaktion.

(So ähnlich kommt es mir vor, wenn "Evolutionswissenschaftler" vermuten, daß das Leben entstanden ist, weil irgendein Zufall chemische Elemente willkürlich zusammengemischt hat)

Trotzdem hielt ich mich für etwas Einzigartiges. Ich war jemand Besonderes.
Damals wusste ich nur noch nicht, daß jeder Mensch etwas ganz Besonders ist!
Sind wir nicht viel komplizierter und schöner gebaut worden als eine Schneeflocke?
Nur eine einzige lebende Zelle von Dir ist um ein Vielfaches komplexer und wunderbarer als jede Schneeflocke.

Warum findest Du Dich nicht schön? Bist Du nicht wunderbar gemacht worden?
Ich sehe Dein müdes Lächeln gerade jetzt von ferne durch den PC-Monitor schimmern.
Ich und schön?

Vielleicht sind wir nur blind geworden. Blind für die Schönheit eines jeden Menschen.

Warum? Weil Hollywood, die Bildzeitung und das Fernsehen uns Tag für Tag predigen was schön ist und was nicht? Weil es die Mächtigen der Welt sind, die uns sagen, was wir schön zu finden haben?
Weil uns Eltern, Geschwister und Freunde den Maßstab für Schönheit vorgegeben haben?

Jeder Mensch ist einzigartig. Wie eine Schneeflocke. Keiner gleicht dem Anderen bis aufs Haar.
Jeder hat seine eigenen Gedanken, seine eigene Welt.
Jeder Mensch ist kostbar.
Auch Du.

Alle Fotos: SnowChrystals.com





Freitag, 28. Dezember 2007

Jesus wird zu Weihnachten vermisst


Uff! Mal wieder geschafft. Weihnachten liegt hinter uns. Gottseidank.
Tannenbaum und Geschenke, leckeres Essen und viel Spaß mit der ganzen Familie, trotz Bronchitis und beginnender Lungenentzündung.
Es gibt ja Antibiotika - dem Herrn sei dank.
Ich habe nur mal wieder Jesus beim Fest vermisst. Eigentlich wollte meine Frau die Weihnachtsgeschichte aus der Voxbibel vorlesen, aber das ist in der Kocherei und dem Familientrubel am Heiligabend mal wieder untergegangen.
Es möchte ja auch niemand gerne an Jesus, den Urheber des Festes erinnert werden.
Der könnte einen ja an seine Schuld und Sünden erinnern, oder gar daran daß wir den Armen und Obdachlosen etwas von unserem Reichtum abgeben sollten.
Jesus kann ja später mal wiederkommen, nur nicht gerade auf seiner Geburtstagsfeier! Da sind wir zu beschäftigt.
Und darum hasse ich Weihnachten irgendwie. Jedes Jahr kommt ein anderer "Geist der Weihnacht" und verführt uns zu Völlerei, fressen und Saufen und in eine schöne (oder traurige?) Familienidylle, die mit dem Stall von Bethlehem aber auch gar nichts mehr zu tun hat.
Ich bin dafür, lieber Weihnachten ganz ausfallen zu lassen, aber statt dessen ganz simpel mit Jesus zu leben. Kein Baum - keine Geschenke - keine Familienfeiern -
Die stillen Tage nutzen um in sich zu gehen und mit Gott zu kommunizieren im Wort Gottes und Gebet.
Nein - ich will kein Zeuge Jehovas werden ;-))
Aber der Weihnachtsrummel will und will mir einfach nicht gefallen, da kann ich machen was ich will.
Weihnachten ist für mich die traurigste Zeit im Jahr, weil ich da Jesus am meisten vermisse!

Donnerstag, 20. Dezember 2007

Ein Herz für Afrika

Reinhard Riemer ist ein evangelischer Pastor im (Un)Ruhestand in Laatzen bei Hannover. Vorgestern hatte er seinen 66sten Geburtstag. Den hat er mit dem Männerkreis der Kirche und seiner Sportgruppe gefeiert. Es war sehr gemütlich bei Kaffe und Kuchen, Kerzen, Bierchen und Wasser.
Aber der Höhepunkt war auf jeden Fall sein Vortrag mit Diaschau über Tansania, daß Land, an dem sein Herz hängt.
Dort war er 17 Jahre als christlicher Pfadfinder und Pastor tätig. Seine liebe Frau war mit dabei.
Die Gesellschaft der Senioren wurde auffallend still, als Herr Riemer von seinen Erlebnissen und persönlichen Eindrücken erzählte. Ich denke, er hätte viel Geld sammeln können, als er über die allgemeine Not des Landes erzählte. Man konnte die Betroffenheit bei uns Reichen, die wir doch alles haben, im Raum spüren, als Riemer über seine Schüler sprach, die im Unterricht umkippten, weil sie den Weg zur Schule, der viele Meilen lang war, ohne Essen zurücklegen mussten.
Aber der schlichte und Bescheidene Pastor wollte kein Geld sammeln, sondern nur von Afrika erzählen - dem Land, für das sein Herz schlägt.
Z.B. die Geschichte vom Krieg, als Idi Amin von Uganda aus das Land überfiel. Wie alle Menschen Schützengräben zum Schutz vor Granaten und Raketen ausheben mussten.
Um 19.00 Uhr war absolute Ausgangssperre und es war stockfinster. Ab 21.00 Uhr wurde ohne Vorwarnung auf Jeden geschossen, der noch draußen herumlief.
Eines abends klopfte es aber um 21.15 Uhr an die Tür. Draußen stand eine verzweifelte Mutter, deren Tochter in den Wehen lag und die unbedingt ins Krankenhaus musste.
Die meisten Frauen sind in Tansania als Kind beschnitten worden, was erhebliche Schmerzen und Probleme bei jeder Geburt mit sich bringt.
Herr Riemer überlegte nicht lange und brachte die Hochschwangere Frau mit seinem Landrover ins nächste Krankenhaus. Natürlich fuhr er ohne Licht und hatte Glück, daß die Armee auch sehr oft mit dieser Art Auto unterwegs war.
Die Geburt begann, als er die Frau gerade an der Tür des Krankenhauses abgegeben hatte. Alles war gut gegangen.
Er betreute einige kirchliche Einrichtungen, Projekte und Schulen. Auf der Fahrt mit dem Jeep oder Rover hatte er immer seine private Hausapotheke dabei.
Einmal gab er jemand ein paar Aspirin oder Schmerzmittel, der krank war.
Seitdem sprach es sich überall herum, daß "der Europäer" Medikamente besitzt!
Seitdem war er mehr als Arzt, denn als Pastor tätig. Von überall her kamen die Hilfesuchenden herbei und Herr Riemer besorgte aus Deutschland die nötigen Medikamente.
In ausweglosen Notlagen von Menschen wurde für sie gebetet und dann sogar die kleinen notwendigen chirurgischen Eingriffe gemacht.
Sollte man die Leute lieber an den tiefen, eiternden und oft riesigen Wunden sterben lassen?
Die Menschen überlebten und wurden gesund. Niemand musste sterben.

Mir wurde die Liebe Gottes zu den Menschen bei diesen Geschichten gegenwärtig und ich musste mehr als einmal mit den Tränen kämpfen.

Es gibt auch Männer Gottes, die keine große Klappe haben und nicht viele fromme Worte machen, bei denen aber offensichtlich wird, daß sie unserem Herrn Jesus von ganzem Herzen nachfolgen.
"An der Liebe soll man Euch erkennen"
Was nützt es, den Menschen groß zu predigen, wenn sie Hunger haben oder krank sind?
Ein "Fürbitter" ist jemand, der in die Bresche springt, wenn Not am Mann ist.
Danach kann man ihnen auch noch das Evangelium nahe bringen, nicht andersrum. Mir schwante, daß die evangelische Kirche das moderne "missionale" Denken und Leben teilweise schon lange praktiziert. Es bemerkt nur womöglich kaum jemand?




















Tansanische Frau beim Ziegenmelken.

Montag, 17. Dezember 2007

Die rockende Braut

Heute war Don Ralfo mal wieder in einem Gottesdienst. Die Gemeinde hieß früher Jesus-Freaks und benannte sich nach einer Trennung führender Leute in "Die rockende Braut" um.
Die vormals tragenden und predigenden Leute haben jetzt eine
"Wort und Geist-Gemeinde" in der gleichen Stadt aufgemacht, in der natürlich nur die absolut krassen übernatürlichen Sachen abgehen, während die Jesus-Freaks jetzt alleine rocken müssen.
Ich habe keinen großen Unterschied im Gottesdienst festgestellt. Die Athmosphäre war eher besser als früher. Aber sowas kann ja von Sonntag zu Sonntag auch mal schwanken.
Da sitzen 20 bis 30 nette junge Menschen auf gemütlichen Sofas herum und chillen so vor sich hin, während die Band auf der Bühne ein paar fetzige Lieder spielt. Kaum jemand geht richtig mit.
Ich komme mir ein bischen vor wie im Kino. Vorn läuft ein Film und die Kinobesucher staunen oder gähnen vor sich hin.
Man versteht sich gut untereinander. Die kleinen Gags am Rande verstehen aber nur die Insider.
Mich beschleicht das Gefühl, daß die jungen Leute am liebsten unter sich bleiben möchten, ich spüre keine Offenheit für mich als Besucher. Wahrscheinlich bin ich als alter Knacker nicht die Zielgruppe.
Ich frage mich, warum die Freaks ihren Gottesdienst überhaupt für Außenstehende öffnen und was sie überhaupt wollen.
Ein wenig christliche Unterhaltung für junge Leute?
Als Predigt liest eine junge Frau aus einem säkularen Bestseller vor. Ich schließe die Augen und entspanne mich. Ist schön gemütlich, so eine Lesung. Besser als dauernd nur Fernsehn.
Zum Schluss versucht sie mit ein paar eigenen Sätzen aus der Geschichte eine Parabel auf Jesus zu machen. Ganz nett, aber nicht besonders umwerfend.
Ich fühle mich nicht gerade "gerockt" sondern eher eingeschläfert.

Donnerstag, 13. Dezember 2007

Schubladitis die Zweite

Vor ein paar Tagen hat sich Günter J. über die gefährliche Erkrankung der chronischen Schubladitis ausgelassen.
Heute morgen las ich in der Zeitung über eine Gruppe von Menschen, die auch partout in keine Schubladen passen: Die Zwitter und Intersexuellen.
Es soll in Deutschland so um die 100000 Menschen von dieser Sorte geben, die man nicht eindeutig in ein spezifisches Geschlecht zuordnen kann.
Es wurde von einer Frau Christiane berichtet, die als Baby eine vergrößerte Klitoris hatte, die von der Hebamme als kleiner Penis gedeutet wurde. Daraufhin wurde sie als "Junge" eingestuft und ihr wurden schon im Kindesalter die Eierstöcke und Gebärmutter entfernt.
dann wurde sie mit männlichen Hormonen behandelt und als Junge aufgezogen, obwohl sie genetisch eine Frau war.
Man muß ja schließlich in eine
Schublade passen, sonst wird man als Kind und Heranwachsender von den Anderen nur gehänselt und gequält. Deshalb ist die benannte Christiane auch kein Einzelfall sondern auf diese Weise wird standardmässig verfahren.
Die Medizin geht wohl im Normalfall davon aus, daß das Geschlecht in der Kindheit problemlos gewechselt werden kann, da es hauptsächlich "Erziehungssache" sei.
Aber die benannte Christiane fühlte sich als "Christian" trotz vorhandenem Penis nicht wohl und wollte gerne eine Vagina haben, als sie erfuhr, daß sie genetisch eigentlich eine Frau war.
Die Krankenkasse wollte eine Operation aber nicht zahlen, worauf Christiane vor Gericht klagte.
Wie gesagt ist Christiane kein Einzelfall. Es gibt sehr viele Menschen, die sich in ihrer Geschlechterrolle nicht zu hause fühlen.
Die meisten Menschen hätten es aber lieber gerne eindeutig. Zweideutigkeit macht unsicher und hilflos. Wir brauchen unsere festen Schubladen. Wir brauchen Ordnung und Sicherheit.

Als Christen haben wir die Bibel als Leitfaden, der für Ordnung sorgt. Und das ist auch gut so.
Denn das Leben ist sehr kompliziert und man bekommt in der Regel keinen Beipackzettel oder Betriebsanleitung bei der Geburt mitgeliefert.
Es trifft sich gut, daß Gott uns sein Wort geschenkt hat, um für Orientierung zu sorgen. Es ist sehr sehr hilfreich in allen Lebenslagen und gibt guten Rat und Weisheit zum Leben.

Aber die Bibel gibt über viele Sonderfälle und Ausnahmen unseres Leben einfach keine Auskunft. Sie schweigt getrost über viele wichtige Dinge und mutet uns zu, selber nachzudenken und nach dem Willen Gottes zu suchen und zu forschen.

Aber wenn bei uns als freikirchlich geprägten Christen die Rede auf Schwule und Lesben kommt, ist ja von der biblischen Lehre her alles klar: Schwule sind widernatürliche Sünder und fallen unter Gotters Gericht, oder? (Röm.1,26-32)
Schublade auf, alles Unnatürliche rein, Schublade zu und Pänggg!
Aber was wissen wir eigentlich über die Gründe von Homosexualität oder Intersexualität und anderen Formen geschlechtlicher Verirrungen?
Was wäre, wenn die Benannten gar keine
Chance hätten anders zu empfinden, als sie es tun?
Wenn man als Frau z.B. einen zu hohen männlichen Hormonspiegel hätte oder als Mann einen zu hohen weiblichen?
Was wäre, wenn die Körperchemie nicht richtig funktionieren würde? Wenn die Chromosomen nicht eindeutig gepolt sind, so wie es bei Intersexuellen oft der Fall ist?
Was ist uns wichtiger: Die richtige Schublade, oder der Mensch?
Nehmen wir die Menschen überhaupt noch als richtige Menschen wahr, wenn sie sich partout nicht in unsere (Oder Gottes?) Schubladen pressen lassen?
Sind alle dann für uns nur Rebellen und Aufwiegler gegen Gottes Ordnung?
Vor einigen Jahren gab es in einer freikirchlichen Gemeinde unserer geliebten Stadt Hannover einen Rieseneklat, helle Aufregung und viel Wirbel weil der Pastor sich als Homosexueller outete bzw. seine Neigung öffentlich wurde. Das geht doch gar nicht mit dem Amt als Pastor zusammen, meinten die Einen. Die anderen hielten trotzdem zu ihm.
Die Gemeinde zerriss an dieser Spannung. Ein eindeutiger Fall von Schubladitis? Oder ein eindeutiger Fall von schlimmer Sünde?
Ich habe nicht genug von den beteiligten Personen gehört und kannte den Pastor auch nicht persönlich, so daß ich mir überhaupt kein Urteil erlauben kann. Ich hörte nur, daß sowohl der Pastor, als auch viele Gemeindemitglieder sich die Sache keineswegs leicht gemacht haben.
Eins sollte uns jedenfalls klar sein: Wer in keine Schublade passt, hat es sehr schwer im Leben.
Auch Jesus war einer von denen, die in keine Schublade passen. Man nagelte ihn ans Kreuz.

Ein Bibellehrer und Freund von mir, Michael Schiffmann sagte des öfteren über Gott, daß er in keine theologische Schublade passen würde. Welche biblisch fundierte Theologie auch immer man auf Gott anwenden würde, immer würde irgendein Arm oder Bein von Gott irgendwo aus der Schublade raushängen.
Er passt einfach in keine menschliche Kategorie oder Box herein!
Diesen weisen Spruch sollte man aufmerksam immer wieder bedenken. Gibts dafür eigentlich auch einen Bibelvers? wahrscheinlich schon, mir fällt nur gerade keiner ein ;-))
Mit wem wollt ihr mich vergleichen? steht glaub' ich irgendwo.

Eins weiß ich jedenfalls sicher: Gott liebt Menschen. Und zwar ALLE - Gerechte und Ungerechte - Sünder und Heilige - Arme und Reiche - Weiße und Schwarze - Demokraten und Nazis- Punker und Bürohengste - Terroristen und Spießbürger -Islamisten und Atheisten -

Und sein Gebot lautet nicht: Sortiert alle Menschen säuberlich in Schubladen ein, sondern liebt alle Menschen gleichermaßen. Sogar unsere Feinde. Und unseren Nächsten. Und natürlich vor allen Dingen unsere Glaubensgeschwister.
Auch wenn sie in keine sexuelle Schublade passen.

Montag, 10. Dezember 2007

Wilma

Wilma war die kleine Mutti meiner Frau. Sie war ihr Leben lang ein Arbeitstier gewesen. Die Küche war ihr Domizil.
Dort lagen manchmal tote Fische in der Spüle, die dort "gewässert" wurden. Mich ekelte vor dem dreckigen Fischwasser.
Ihr großes Portemonaie lag in einer Schublade im Küchenschrank und jeder bediente sich dort, wenn er ein paar Mark brauchte.
Die große Liebe ihres Lebens war Otmar, ihr ältester Sohn. Der war Alkoholiker und als solcher oft sehr fies drauf. Grobschlächtig, zynisch und manchmal gewalttätig. Aber meistens bekam er von Anderen selbst aufs Maul, obwohl er sehr groß und stark war.
Ein geborener Looser, der nichts in seinem Leben richtig auf die Reihe bekam.
Aber Mutter beschützte ihn vor allen Unkenrufen der Familie und Umgebung, er war nunmal ihr Erstgeborener Liebling.
Otmar hatte häufig wechselnde, seltsame Frauen, mit denen er zusammen lebte.
Viele waren primitiv, einige raffiniert.
Alice, die von Mutter Wilma "Ali-Ze" gerufen wurde, war von der raffinierten Sorte. Sie verstand es hervorragend, Intrigen zu spinnen und Keile zwischen die einzelnen Familienmitglieder zu treiben.
Bei einigen alkoholseligen Familienkrächen musste die Polizei gerufen werden, weil man sich gegenseitig beschuldigte, Geld oder teure Gegenstände gestohlen oder veruntreut zu haben.
Als meine Frau und ich Christen geworden waren, versuchten wir natürlich das Evangelium in die kaputte Familie hineinzutragen, was aber von dem Umstand erschwert wurde, daß Horst, der ältere Bruder meiner Frau wieder vom Glauben abgefallen war und in eine schlimme Heroinsucht abgeglitten war.
"Siehste, beim Horst hat das mit dem Glauben auch nicht funktioniert". war eine beliebte Ausrede der Familienmitglieder.
Aber ich hatte mittlerweile die Bibelschule besucht und sprühte vor Glauben und Eifer für den Herrn.
Dann glitt Wilma sachte in eine "Alterspsychose" ab. Wir hatten damals überhaupt keine Ahnung womit wir es hier zu tun hatten und versuchten, so gut es ging zu helfen.
Wilma fühlte sich und die Familie von Alice bedroht und verfolgt. Die kleinen Intrigen und Boshaftigkeiten von Alice wurden für sie plötzlich riesengroß.
Sie glaubte, daß Alice uns alle ausrauben wollte und fing an wertvolle Sachen, wie Sparbücher und Ähnliches zu verstecken, damit Alice sie nicht finden konnte.
Wir redeten stets auf die kleine Mutti Wilma ein und versuchten sie in die Realität zurückzuholen, aber Wilmas Feindbild wuchs und wuchs immer mehr.
Bald wurde uns klar, daß Wilmas Zustand krankhaft war, denn sie versuchte sich im 5. Stock aus dem Fenster zu stürzen.
Mit letzter Kraft konnten Vater und Sohn Horst sie noch vom geöffneten Fenster wegzerren.
Meine Frau und ich vergaßen ab jetzt jede Zurückhaltung, mit Mutti über den Glauben zu reden, weil ein Eingreifen Gottes überlebenswichtig geworden war.
Nach dem Selbstmordversuch wurde Wilma von der Familie ins nächste Krankenhaus gebracht, weil sie nicht mehr mit der Situation umgehen konnte. Doch man nahm sie weder stationär auf, (Es gab dort keine Psychiartrie) noch verwies man sie an eine Psychiartrie weiter. Achselzuckend sagte man, daß man in diesem Falle auch nichts machen könne.
Wir beteten wie die Weltmeister für- und auch mit Wilma. Sie sprach uns das Übergabegebet an Jesus nach und wir geboten in Jesu Namen allen Mächten der Finsternis von ihr zu weichen.
Ein paar Minuten schien Wilma ruhig zu werden und redete nicht mehr von ihrem Verfolgungswahn. Doch dann ging es wieder weiter, als ob all die Gebete und der Herrschaftswechsel zu Jesus nicht die geringste Auswirkung gehabt hätten.
Sie hätte dringend in die geschlossene Abteilung gehört, aber da wir schon einmal vom Krankenhaus abgewiesen worden waren, wussten wir nicht wohin mit ihr.
Die Situation eskalierte, als Alice die kleine Wilma bei der Polizei aus unerfindlichen Gründen anzeigte. Sie sollte etwas aus ihrer Wohnung gestohlen haben.
In ihrem Wahn schleppte Wilma die ganze schwere Schallplattensammlung ihres Sohnes Horst zu einer Familie des Mietshauses hoch, um sie vor Alice zu verstecken. Sie rechnete ständig damit, von der Polizei verhaftet zu werden und erzählte uns, daß Alice uns alle ins Unglück stürzen werde.
Kurze Zeit darauf bekamen wir einen Anruf von Gustav, dem Vater meiner Frau, daß Wilma sich einen Kanister Benzin besorgt hatte. Dann hatte sie sich ein Nachthemd aus Nylon angezogen, mit Benzin übergossen und angezündet.
Sie war dem Vorbild von Pfarrer Brüsewitz aus der DDR gefolgt.
In der Notaufnahme wurde Wilma von einem Krankenpfleger in Empfang genommem, der ein Bekannter von uns war. Er war auch Christ und wusste, das Wilma die Mutti meiner Frau war. Er versuchte mit ihr zu reden und betete für sie, denn sie war noch lange bei Bewusstsein.
Das einzig tröstliche, was er uns über die letzten Stunden von Ihr sagen konnte war: Sie hatte bei ihrer Einlieferung die Hände zum Gebet gefaltet und schien zu beten.
Wenig später starb sie an ihren schweren Verbrennungen.
Nach dem Todesfall meines Freundes Manfred ein paar Jahre später fiel mir auf, daß bisher Jeder, der mir das Übergabegebet an Jesus nachgesprochen hatte kurz darauf auf unnatürliche Weise ums Leben gekommen war.
Ich stellte das Missionieren erstmal ein.


Sonntag, 9. Dezember 2007

Traumata

Über Manfred habe ich schon erzählt. Er war ein Freund mit dem ich beten durfte, und der Jesus als Herrn seines Lebens annahm. Einige Jahre später starb er sehr sehr jung.

Der erste Mensch, dem ich den Herrn Jesus nahebrachte und der ihn in sein Leben aufnahm war allerdings meine Mutter.
Sie war klein und dick und hatte Diabetes. Nach einigen Jahren schwerer Depressionen und mehrerer Selbstmordversuche war sie schon jahrelang stabil und wieder recht fröhlich drauf.
Oftmals war sie sogar sehr albern. Besonders witzig fand ich, wenn sie hinter dem Rücken meines Vaters dumme Grimassen schnitt. Der Clou daran war, daß sie ihr künstliches Gebiss mit einer Mundbewegung lockern konnte, so daß es nach vorn zwischen die Lippen rutschte.
Das sah unwahrscheinlich dämlich aus!
Ihr Gottesbild sah so aus daß sie glaubte, der Herr würde meinen Vater für seine Familientyrannei einst ganz übel bestrafen. Sie brauchte wirklich Errettung!
Davon konnte ich sie einige Monate nach meiner Bekehrung überzeugen und sie sprach mir das Übergabegebet an Jesus nach.

Einmal kam sie mit mir zum Gottesdienst. Ich wusste, sie brauchte noch Befreiung von vielen Dingen. Leider entgleiste ihr Blutzucker während des Gottesdienstes und ihr wurde sehr übel. Ich musste schnell mit ihr nach Hause fahren. Kurz darauf kam sie von ihrem täglichen Spaziergang im Stadtwald nicht nach Hause.
Ein betrunkener Autofahrer hatte sie mit überhöhter Geschwindigkeit weggeputzt, als sie eine Strasse überquerte. Sie flog etwa 14 Meter weit durch die Luft und war sofort tot.
Eine Freundin von uns, die auch Christin war, hatte sie kurz zuvor im Stadtwald gesehen und überlegt, ob sie meine Mutter nicht ansprechen und begrüßen sollte.

Aus irgendwelchen Gründen hatte sie es nicht getan. Ein kurzer Satz der Begrüßung und das schnelle Auto mit dem betrunkenen Fahrer wäre nicht zur richtigen Sekunde am richtigen Ort gewesen.

Die Ärzte wollten mich nicht zu ihr lassen, um Abschied von ihr zu nehmen, obwohl ich darauf bestand. Ich sollte sie lieber so im Gedächtnis behalten, wie ich sie kannte.
Aber man gab mir ihr zerbrochenes Gebiss mit nach Hause.

Mittwoch, 5. Dezember 2007

Helmut Tank †

Gestern war ich auf einer Trauerfeier im alten Annastift in Hannover.
Helmut Tank ist tot.
Er war ein beeindruckender Mensch.
Mit 17 Jahren erkrankte er schwer an Kinderlähmung und musste jahrelang auf der Intensivstation künstlich beatmet werden.
Er lag dort nicht im Koma, sondern bei vollem Bewusstsein. Die Lähmung erstreckte sich vom Hals an abwärts und hatte die gesamte Atemmuskulatur betroffen, so daß er einen Luftröhrenschnitt bekam, durch den er mit einer künstlichen Kanüle beatmet wurde.
Ich begegnete ihm zum ersten Mal 1975, als ich im Wohnheim für Schwerstbehinderte Zivildienst machen sollte. Eigentlich wollte ich im normalen Fachkrankenhaus arbeiten, aber man hatte mich zu den Behinderten verfrachtet, die mir Angst machten.
Das Gespräch mit ihm nahm mir die Angst und ich blieb nach dem Zivildienst noch viele Jahre im Wohnheim als Pfleger hängen. Es war eine richtungweisende und wichtige Zeit in meinem Leben.
Helmut konnte mittlerweile im Rollstuhl sitzen und atmete durch geschickte Schaukelbewegungen im Rollstuhl mit den Atemhilfsmuskeln. Nur im Liegen musste er an das Beatmungsgerät.
Er hatte einen unbändigen Lebenswillen und Drang zur Freiheit. Bei den meisten Schwerbehinderten im Wohnheim hatte ich den Eindruck, daß sie nur um sich selbst und ihre Behinderung kreisten und sich selbst bemitleideten, aber nicht Helmut.
Er ergab sich nie in sein Schicksal, sondern machte das Beste daraus. So machte er in fortgeschrittenem Alter noch eine Fachschulausbildung und fing an zu studieren.
Er dachte nicht nur an sich selbst sondern setzte sich intensiv für seine Mitbewohner ein.
Als ich ihm von meinem Glauben an Jesus erzählte meinte er: "Schön, daß Du mir so offen und ehrlich von Deinem Glauben erzählst". Er freute sich darüber und wurde nicht komisch, ablehnend oder sarkastisch, wie so viele Andere.
Helmut war ein richtiger "Mensch". Ein außergewöhnlicher Mensch. Ich mochte ihn sehr gern.
Vor vielen Jahren traf ich ihn mal zufällig bei Karstadt, wo er mit seinem Elektrorollstuhl umherrollte.
Er erinnerte sich noch an mich, obwohl die Pflegekräfte und Zivis im Annastift über die Jahre reichlich wechseln.
Seitdem hatte ich immer wieder so ein Bauchgefühl und Drängen im Herzen, ihn im Annastift zu besuchen. Ich glaube, das kam von Gott. Immer wieder dachte ich daran, setzte es aber nie in die Tat um. Nun ist es zu spät dafür. Schade.

Er hatte viele Freunde und bei der Trauerfeier weinten viele Rollstuhlfahrer um ihn. Die Kapelle war knüppeldicke voll.
Er wird wirklich von Vielen vermisst.